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Frank Gussenstätter zum Lauftage 100 KM Biel-Bienne (18.10.2008) - Ultramarathon beim Steppenhahn (10.2000)
Alle zeigen - Bericht von Frank Gussenstätter zum Lauftage 100 KM Biel-Bienne:
Frank Gussenstätter , 18.10.2008

Eine Nacht durch die Schweiz

Schon 4 Monate liegt nun mein Biel-Abenteuer hinter mir. Abgehakt, der Plan für nächstes Jahr steht schon und startet im Oktober. Nein, nicht um Biel nochmal zu finishen, sondern um überhaupt zu finishen.

Mein erster Auftritt in Biel beim dortigen Jubiläumslauf war ein riesen Erlebnis, sportlich gesehen aber ein Niederlage: Ich stieg nach 56 km aus. Dazu stellen sich aber zwei Fragen: Ist es wirklich eine Niederlage wenn man 56 km durch die Schweizer Nacht läuft? Und war es vielleicht unrealistisch den Lauf zu finishen, nachdem die Vorbereitung doch eher bescheiden war?

Zur ersten Frage ein klares JEIN. Natürlich will man sich bei einem Wettkampf mit den anderen messen. Hierzu ist es nötig in die Ergebnisliste zu kommen (die Ergebnisliste für den Ausstiegspunkt in Kirchberg zählt für mich dabei nicht). Da ich das nicht geschafft habe, ist es eine Niederlage. Dies belastet mich aber kaum, war es doch ein riesen Erlebnis. Ich hab ja jetzt schon einige Laufveranstaltungen erlebt, aber das Kribbeln und die Spannung im Vorfeld einer Ultraveranstaltung ist einzigartig. Und um 22:00 Uhr in Biel am Start zu stehen war für mich Gänsehaut pur. Überhaupt, ich bin 45 km ohne irgendwelche Probleme gelaufen und konnte das richtig genießen. Doch angekommen bin ich dann doch nicht; das führt mich nun zu meiner zweiten Frage: Wie realistisch war es für mich diesen Lauf zu finishen?
Ein paar Erfahrungen im Ultrabereich konnte ich ja schon sammeln. Und die waren größtenteils positiv. Somit entschied ich für mich auf der Basis der Erfahrung der letzten Jahre mich an dieses Abenteuer heranzuwagen. Die Pläne waren erstellt, und da fingen die Probleme an. Aus allen möglichen, meist beruflichen Gründen konnte ich das geforderete Trainingspensum nur schwer erfüllen. Die langen Läufe konnte ich aber machen und war deshalb guter Dinge. Schnelligkeit ist eh nicht gefragt. Um dann aber die Lücke zwischen dem zunächst als längsten Trainingslauf geplanten Marathon zu der 100er Marke nicht zu groß werden zu lassen, entschied ich mich noch den 6 h Lauf in Schwäbisch Gmünd zu bewältigen. Es war ein spannender und toller Lauf. Jetzt kann ich so langsam die Faszination an den Zeitläufen, auf denen man wieder und wieder die gleiche Runde läuft nachvollziehen. Schwäbisch Gmünd war aber nach 4,5 Stunden dann hauptsächlich qual - aber die Qualität kommt ja bekanntlicherweise davon. Dies war der erste Marker, bei dem ich feststellte, das die Form nicht ganz so gut war. Aber es waren ja noch ein paar Wochen und ich war guter Dinge und meldete mich für Biel an. Doch dann folgten 3 Wochen in denen ich 3 mal laufen war, zwar dann immer lang aber natürlich viel zu wenig. Somit reiste ich mit einem mehr als mulmigen Gefühl nach Biel.

Ich wollte äußerst moderat das Rennen beginnen, was mir zunächst aufgrund der Euphorie und des Adrenalin nicht so richtig gelang. Aber nach 5 Kilometer war ich in meinem zeitlichen Soll. Schon ein seltsames Gefühl einen solch langen Lauf abends zu starten, wenn gerade der eine oder andere sein zweites oder drittes Bier trinkt, andere vielleicht auch schon im Bett liegen. Aber das macht ja auch Biel aus - ein Nacht lang durch die Schweiz. Nach 17 km lernte ich noch einen Mitläufer kennen, mit dem ich die folgenden Kilometer interessante Gespräche führte. Vermutlich hab ich in der Phase aber auch ein bisschen überzogen. Egal ich war gut drauf. Doch dann kam die Verpflegungsstelle irgendwo bei km 45. Und da fingen die Probleme an. Zum einen spürte ich meine Beine ab der Marathondistanz, schaffte es aber dies mental auszublenden. Doch irgendwas bekam mir wohl nicht so ganz. Ich bekam sehr starke Magenprobleme. Mit jedem Kilometer wurde es schlimmer. Die erste Gehpausen setzten ein. Der Magen beruhigte sich nicht. Der Frust wuchs an die Motivation sank.. und ich hatte nicht einmal die 50km-Marke erreicht. So langsam bröckelte all meine Zuversicht das Abenteuer bestehen zu können. Und so ging ich weiter in Richtung Kirchberg. Dort beginnt ja der berühmt-berüchtigte Ho-Chi-Minh-Pfad, den wollte ich wenigstens noch erleben. Doch als ich in Kirchberg an kam, musste ich mir eingestehen, das das Rennen für mich gelaufen war. Vielleicht hätte ich mit einem strammen Wanderschritt es noch ins Ziel geschafft. Das ist aber nicht die Art und Weise wie ich solche Läufe absolvieren möchte. So ließ ich meinen Rennausstieg bestätigen und fuhr mit dem Bus zurück nach Biel. Dort angekommen ging es in die duschen und die ersten Finisher waren auch schon da. Alle waren total euphorisch, aber auch sehr erschöpft. Ich freute mich mit Ihnen und der Frust es nicht geschafft zu haben war schon am weichen. Einige Zeit später traf ich auch meine Supporter die ich eigentlich nach dem Ho-Chi-Minh-Pfad treffen wollte und für die ich eine Fahrradkarte gekauft hatte.

Noch einige Zeit beobachtete ich die Zieleinläufe und es waren unbeschreibliche Bilder des Glücks und der Erleichterung. Zu diesem Zeitpunkt machte ich mir bewusst noch keine Gedanken was ich Mitte Juni 2009 machen werde, mein Unterbewußtsein aber hatte die Entscheidung schon gefällt: Da werde ich nochmals eine Nacht in der Schweiz laufen - hoffentlich 100 km lang.

Heidelberg im Oktober 2008
Angus

© Frank Gussenstätter, 18.10.2008

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