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Elisabeth Herms-Lübbe zum Waldhessen 6-Stunden-Lauf (02.10.2008) - Ultramarathon beim Steppenhahn (10.2000)
Alle zeigen - Bericht von Elisabeth Herms-Lübbe zum Waldhessen 6-Stunden-Lauf:
Elisabeth Herms-Lübbe , 02.10.2008

Unter Freunden



Er ist unkompliziert, ohne Stress und einfach nur gut: der Sechs-Stunden-Lauf in Rotenburg/Fulda, der jetzt erstmals auch im Herbst stattfand, weil es im Frühjahr mehr Laufwillige als Startplätze gegeben hatte.

Harald Heyde, Regina und Dietrich Schiemann sind die Fleißigsten im Marathonteam Waldhessen, sie haben diesmal die Betreuung allein bewältigt, weil einige andere Mitglieder liefen, so wie ich, es war auch ein Organisatorenlauf. Die drei haben das aber in ihrer besonnenen Art souverän bewältigt. Routine haben sie ja, denn es war der neunte Lauf in dieser Art.

Dietrich hatte mich aus Kassel mitgenommen mit seinem Auto voller „Gerödel“. Man kann es auch Equipment nennen: Tisch, Stühle, Müllsäcke usw. In Rotenburg im Schlosspark angekommen, haben wir erstmal die Pfeile auf den Boden der gut 1 km langen Laufstrecke gemalt. Einmal war das Kreidestück schon so kurz, dass ich mit Fingerspitze und -nagel über den Asphalt scheuerte, schrecklich. Harald hatte seinem Rechner für die Zeitnahme ein Gehäuse aus einem Pappkarton verschafft, Hightech in Lowtech.

In der Jugendherberge, unserem Standquartier, waren die Toiletten abgeschlossen und wir mussten andere benutzen. Die vorherige Herbergsmutter, der das riesige Aquarium im Foyer gehörte und die Klischee sprengend über und über gepierct war, war da großzügiger gewesen.

Dann der Start. 33 Leute waren auf der Meldeliste. Was sollte das für mich werden, mit so wenig Training? Meinem Mann hatte ich vorher gesagt, ich würde mir nicht groß Mühe geben, und er hat gemeint, dann könnte ich ja gleich zuhause im Wald laufen und bräuchte nicht zu einem Wettkampf zu gehen. Dabei wollte ich nur sagen, selbst wenn ich mir große Mühe gäbe, käme nicht so viel dabei herum. Ich bin da nicht so begabt. 45 km hatte ich mir vorgenommen (und auch geschafft).

Viele liebe alte Bekannte waren da, Gelegenheit für Erinnerungen und Neuigkeiten. Gabis („Frau Werwolf“) Namen hatte ich nicht auf der Starterliste gesehen, ich war erstaunt, dass sie lief. Sie hatte ihren Peter geheiratet und trägt nun seinen Nachnamen.

Die vertraute Strecke sah natürlich im Herbst mit dem schon leicht bunten Laub etwas anders aus. Neu war mir der finstere Gesell aus Holz mit starrem Blick und riesigen Füßen, Kunst im Park, der Mann, der das Rad erfunden hat. Auf dem Abschnitt neben der Fulda sah man das Wasser kaum, der Blick dorthin war von Laub etwas verdeckt. Einmal kam ein „Lustschiff“ vorbei, voll mit Leuten auf Kaffeefahrt. Die Kastanienbäume, die den Fuldauferweg beschatten, warfen gerade ihre Früchte ab, die von Kindern gesammelt wurden. Die Kastanien hatten wieder eine anständige Größe und das Laub der Bäume war zwar beschädigt von Miniermotten, aber nicht mehr so stark, als ob der Seuchenzug sich abgeschwächt hat und sich ein Gleichgewicht zwischen Wirt und Schädling anbahnt. Vor dem Renaissanceschloss und im Park waren gelegentlich geführte Besuchergruppen, Rentner mit Kulturprogramm. Vom neuesten Haus am Park, der Finanzfachschule, waren nur noch die Steinwände da. Wird es umgebaut oder abgerissen? Als wir am Morgen unsere Runde zum Pfeilmalen machten, hatten Randalierer den Bauzaun umgekippt, die Stühle von ihrem Gelage standen noch in der Ruine.

Ob ich eine Lieblingsstelle auf dieser Strecke habe, fragte mich Anita, mit der ich längere Zeit gemeinsam lief. Darüber hatte ich mir noch keine Gedanken gemacht. Ihres sei das Stück aus dem Park hinaus mit der starken Linkskurve, da wo das Drehkreuz rausgehängt war, und wo es gleich ganz anders aussieht. Ja, die Strecke ist schon maximal abwechslungsreich. Eigentlich wollte Anita nur zwei Stunden dabei sein. Sie hat viele Pflichten und wenig Zeit zum Laufen. Aber dann ließ sie sich doch mitreißen („Was hast du denn heute Besseres vor?“)und schaffte noch den Marathon, und das, obgleich sie zu spät gestartet war, Es war ihr erster Lauf in diesem Umfeld, und sie war begeistert von der freundlichen, entspannten Atmosphäre.

Es hätten noch einige Läufer mehr auf die Strecke gepasst. Aber es gibt im Herbst so viele Konkurrenzveranstaltungen. 28% der Deutschen laufen regelmäßig. So steht es im neusten Tchibo-Heft „Laufen ohne Limit“, das mir gerade ins Haus gekommen ist. Wo sind sie denn? Wenn dabei nur nicht ein gutes Maß an Wunschdenken ist! Mit meinen Beobachtungen deckt sich das nicht. Übrigens wird im Heft erfreulicherweise von Läufern und Sportlern geredet, nur die männliche Form verwendet. Es scheint sich herumzusprechen, dass das grammatische Geschlecht nichts mit dem biologischen zu tun hat. Ansonsten gibt es darin, was sonst, Bekleidung und viele elegant formulierte Banalitäten, Zuckerwatte für das Läuferhirn. Tchibo könnte ja mal als Sponsor für einen langen Lauf auftreten. Dann würde es Kaffee bis zum Abwinken geben. Kaffee beim Laufen hat ja den Ruf, ungesund zu sein, zu entwässern. Aber kaum steht welcher an der Strecke, ist er ruckzuck ausgetrunken. Da kann man als Helfer gar nicht so schnell nachbrühen. Läufer verhalten sich eben nicht wissenschaftsgerecht. Ebenfalls mit der Ernährung ist das so, ein Mitläufer wies mich auf die Diskrepanz hin: Die Läufer sollten doch – verdammt noch mal – langkettige Kohlenhydrate (Stärke, die heißt ja nicht umsonst so) zu sich nehmen, aber kaum werden sie angeboten, stürzen sie sich auf die kurzkettigen Kohlenhydrate, auf die zuckerhaltigen Dinge, auf den ganzen süßer Schnuck. Wissenschaft und Instinkt passen da nicht zusammen. Koffein und Zucker, das will der Läufer haben. Früher hat Harald uns als Helfer ermahnt, wenn wir die Cola zu früh ausschenkten: „Erst nach zwei Stunden, die ist so schnell weg, sonst haben wir nicht genug!“

Die Zeit verging schnell. Beim Helfen zieht sie sich mehr hin. Nach dem Schlusssignal steckten wir unsere Restmeter-Fähnchen in den Boden und gingen in die nahe Schwimmhalle zum Duschen. Da war zu sehen, dass es bei dieser angenehmen, reibungslosen Veranstaltung – abgesehen von einem Sturz im plötzlichen Schatten - doch leichte Blessuren gegeben hatte, nämlich Blasen auf den Schultern durch drückende BH-Träger. Ja, die Unterwäsche! Eine Lauffreundin hat mal aus Versehen ihr Spitzenhöschen anbehalten, das gab kein gutes Bild, das hatte sehr gescheuert.

Dann fand die Abschlussfeier in der Jugendherberge statt, mit warmem Essen. Die Urkunden waren blitzschnell fertig, ich hatte meine Nachspeise noch nicht gegessen, da begann schon die Siegerehrung. Gewonnen hatte Christian Fatton aus der Schweiz mit fast 77 km, bei den Frauen Julia Alter, die beim Überrunden häufig einen launigen Spruch drauf hatte, mit fast 69 km. Respekt! Als Preise gab es Esssachen von Tegut in kleinen Warenkörbe oder einzeln. Tegut ist eine nord- und osthessische Lebensmittelkette, die in letzter Zeit erstaunlich erfolgreich war. Dort wird mit mehr Sorgfalt und Nachdenken mit den Lebensmitteln umgegangen, und die Preise sind nicht hochnäsig. Da sind Geistesverwandte von Harald Heyde, die haben ein freundliches Bild vom Menschen und seinen Bedürfnissen.

Im nächsten März ist eine Erweiterung des 6-Stunden-Laufes geplant, auf 18 Stunden, so dass jeder die Chance hat, auch 100 km zu laufen. Das ist für die Helfer günstig, denn dann können sie laufen und helfen kombinieren. Also, bis dann!



© Elisabeth Herms-Lübbe, 02.10.2008

Weitere Info's und Berichte zum Lauf:


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