Wittstock, den 28.11.2001

Olne - Spa - Olne

Thomas Drößler / LC Dosse Wittstock

Mitte des Jahres druckten wir, meine Partnerin Ivana und ich, aus dem Internet eine Liste mit den Ultralaufterminen für den Herbst 2001 aus. Es war das Ziel nach dem München - Marathon Mitte Oktober noch bei einem Ultralauf an den Start zu gehen. So geriet der Termin von Olne - Spa - Olne ( 63 km)schnell in unseren Blickwinkel. 6 Wochen nach dem Marathon schien mir das eine gute Sache für meinen dritten Ultralauf zu sein. Davor hatte ich bereits zweimal beim Rennsteig teilgenommen. Problematisch wurde es jedoch, als wir uns bemühten nähere Informationen über diesen Lauf zu bekommen. Eine ausführliche Ausschreibung schien es nicht zu geben und auch unsere Versuche im Internet waren zum Scheitern verurteilt. Anhand der wenigen Infos kamen bereits erste Zweifel auf. Man sollte Geld zum Telefonieren mitführen für den Fall des Verlaufens. Außerdem der ganze Wettkampf für lediglich runde 12 DM. Konnte das eine gute Organisation garantieren? Trotzdem reizte es ungeheuer mal wieder bei einem echten Landschaftslauf über eine längere Strecke an den Start zu gehen.

Nachdem München in 2.37 h abgespult war wurde telefonisch Kontakt mit der Organisation von Olne - Spa - Olne aufgenommen. Daraufhin meldeten wir uns an. Einige Tage später gelang es uns sogar die Ergebnisse des Vorjahres online aufzustöbern. Die gelaufenen Zeiten deuteten auf einen schweren Lauf hin. Die wenigen Kommentare sprachen aber auch von einem landschaftlich herausragenden Lauf. So machten wir uns am Freitagmittag von Wittstock aus auf den Weg Richtung Belgien. In der Nähe von Köln, in Pulheim, wurde noch einmal genächtigt ehe es am Sonnabend weiter nach Olne ging. Das Wetter war schlecht. Aus unserer geplanten kleinen Wanderung schien nichts zu werden. Olne, ein kleines Dorf, war schnell gefunden. Die Wegbeschreibung sollte uns schnell zum Chalet... führen. In Erwartung eines größeren Anwesens, in dem wir ev. auch übernachten sollten, suchten wir vergeblich. Nachdem wir ganz Olne einmal durchstreift hatten, fragten wir nach dem Chalet. Wir wurden dann zu unserer Überraschung zu einer mittelgroßen Holzhütte gewiesen. Nach kurzer Zeit erschien sogar jemand und stellte sich als Mitorganisator vor. Hier erfuhren wir jetzt, dass es 200 Anmeldungen gab, dass die Strecke eine große Runde sei und dass es aufgrund der Regenfälle matschig und glatt werden würde. Am Abend bekam man dann seine Startnummer zusammen mit einer Telefonliste. Auf dieser waren die Notfallnummern der Organisation beim Start sowie bei den 4 Verpflegungspunkten angegeben. Die ausländischen Starter wurden dann zu ihrer Unterkunft gebracht. Es handelte sich um ein Mittelalterliches Schloß welches von einem breiten Wassergraben umgeben war. Auch der Weckdienst seitens des Veranstalters gehörten hier zum Service.

Am nächsten Morgen hatte sich das Wetter immer noch nicht viel gebessert. Es regnete leicht vor sich hin. Um 8 Uhr ging es dann auf die Piste. Ein deutscher Teilnehmer der am Start kurz neben mir lief und den Lauf scheinbar schon kannte, machte mit den Worten:" Das wird wohl eine mächtige Schlammschlacht heute!" Mut. Gleich hinter Olne ging es über eine Feldweg hinaus in den Nebel. Dieser war ziemlich moddrig aber ich hätte zu diesem Zeitpunkt niemals geahnt, dass dies schon einer der besten Streckenabschnitte auf den gesamten 63,9 km sein sollte. Nach einigen Kilometer hatten meine Füße den ersten Wassereinbruch am Schuhwerk zu vermelden. Um es vorwegzunehmen: Es wurden unzählige. Kurz danach ging es das erste Mal auf einem halsbrecherischen Pfad bergab. Die Steine waren von Laub bedeckt, man sprang mehr als man lief und in der Mitte schoß das Wasser hinunter. Dazu musste man sich noch auf den Vordermann und auf die Äste konzentrieren, welche einem ins Gesicht zu schlagen drohten. Als sich dieses Schauspiel einige Minuten später wiederholte war ich mir schon hier ziemlich sicher, dass diese Strecke wohl von einem Sadisten ausgesucht worden war. Gleichzeitig machte es aber unglaublich viel Spaß gerade hier zu laufen. Es wurden kleine idyllische Dörfer durchquert, welche man auf unscheinbaren Pfaden vorbei an Hinterhöfen wieder verließ. Dazwischen ging es ständig auf und ab. Es galt schließlich insgesamt 1.800 Höhenmeter zu bewältigen. Doch weder dies noch die Streckenlänge machten den Läufer am meisten zu schaffen, sondern das extrem schwierige Geläuf in den Ardennen und der belgische Hochmoorlandschaft. Etliche Male sackte man bis über die Knöchel im Schlamm weg und die Ausrutscher gehörten schon bald zum ständigen Begleiter.

Dazu kam, dass man schon nach wenigen Kilometern keinen trockenen Faden mehr am Leib hatte. Im Ziel waren Schuhe und Laufhose komplett von Schlamm überdeckt. Etwas auch nur annähernd vergleichbares hatten wir noch niemals erlebt.

Ab Kilometer 20 lief ich ganz allein. Nach etlichen schwierigen Passagen und unverarbeiteten Eindrücken erreichte ich schließlich Spa, den 2. Versorgungspunkt bei km 30. Hier nahm ich mir vor noch mindestens bis km 40 zu laufen ohne zwischendurch zu gehen. Keine 200m hinter dem Versorgungspunktpunkt wurde ich dazu schon auf eine harte Probe gestellt. In Serpentinen ging es bergauf. Einige Zeit später ärgerte ich mich darüber, dass an einem Anstieg ein Kameramann mitsamt seiner schweren Ausrüstung scheinbar mühelos neben mir her lief, um mich in meinen Qualen zu filmen. 6 Kilometer vor dem Ende musste ich doch noch kurzzeitig in den Gehschritt verfallen. Ein nicht enden wollender Anstieg gab mir den Rest.

Kurz vor dem Ziel gelang es mir noch von der an sich gut markierten Strecke abzukommen. Der mir folgende Läufer schaffte das auch. Erst als ein moldawischer Läufer im Nebel hinter uns von der Straße auf eine unscheinbaren Feldweg abbog, war für uns wieder alles klar. Mit etwas Wut im Bauch konnte ich diesen noch überholen. Danach schleppte ich mich noch über die letzten Meter. Im Ziel erfuhr ich, dass mich dieses Verlaufen 2 Plätze gekostet hatte aber das war mir schnell egal. Ich hatte eine Monstertour hinter mich gebracht und war echt froh darüber

Es starteten Läufer aus Belgien, den Niederlanden, Frankreich, England, Deutschland und Moldawien.

Ivana lief bis zum Kilometer 40 und beendete dort ihren Lauf.

Ich wurde 8. der Gesamtwertung mit einer Endzeit von 5.26 h. Der Sieger war nach unglaublichen 4.51 h wieder in Olne angelangt.

Nachdem wir ein schönes Hemd bekommen hatten, saßen wir noch gemütlich mit einigen deutschen Teilnehmern beisammen und waren uns einig darin, daß ein solcher Lauf in Deutschland wohl undenkbar wäre.

Für alle Teilnehmer war es ein unvergessliches Erlebnis, an das sie sich noch lange erinnern werden.


© Thomas Drößler ThDroessler@aol.com / LC Dosse Wittstock