Tritt ein, bring Glück herein

Stop, leider geschlassen!

 

Bericht vom Staffellauf als Einzelläufergruppe - Ultramarathon beim Steppenhahn (10.2002)

Zum fünften Mal fand am 3. Oktober 2002 die von der LG - Bremen - Nord und dem OSC - Bremerhaven veranstaltete Weser - Heringsstaffel zwischen den Städten Bremen und Bremerhaven statt. Die Strecke misst 62 Kilometer und wird jedes Jahr in entgegengesetzter Richtung gelaufen.

In diesem Jahr wurden um 8.00 früh 18 Staffeln mit in der Regel 5 LäuferInnen in Bremerhaven im "Schaufenster Fischereihafen" auf den Weg Richtung "Haven Höft" in Bremen Vegesack geschickt. Hatte ich im letzten Jahr den Lauf mit meiner Frau Irene, den Töchtern Tabea und Daniela, meinem Sohn Samuel sowie Schäferhündin Conny als Familienstaffel bestritten, wollte ich mich in diesem Jahr als Einzelläufer versuchen. Zwei Gleichgesinnte hatten die selbe Idee, und so machten sich Helmut Rosieka vom Lauftreff Bremen Schönebeck, Hans - Peter Heise von der LG Nord Berlin und ich um fünf Uhr morgens auf den Weg nach Bremerhaven.

Im Schaufenster Fischereihafen, wo wir um sechs Uhr starteten, war noch nicht viel los - ausser ein paar Bierleichen nichts zu sehen. So unterschiedlich wie der Charakter von uns Individualisten auch die gewählte Ausrüstung - es gab ja auf den 62 Kilometer keine Versorgung und Betreuung von aussen. Helmut - "mit Rucksack kann ich nicht laufen" - zog einen alten Bollerwagen mit 4 Holzrädern hinter sich her - einschlafen konnte man bei dem Geklapper schon mal nicht! Hans - Peter hatte für unterwegs nur eine Gürteltasche mit 0,7 Liter Getränk mit, die ihm allerdings schon auf der Hinfahrt im Rucksack ausgelaufen war... O - Ton Hans - Peter: "Was solls, auf so kurzen Strecken brauch ich nicht unbedingt Verpflegung". Ich selbst lief mit Rucksack: 2,5 Liter Getränke, 8 Müsliriegel, Wechselklamotten - zu meinen gut 100 Kilo kam es auf die 5 auch nicht mehr an.

Wir liefen im Dunkel los, im dichten Nebel durch den Hafen, über Luneort und Lunesiel auf dem Deichverteidigungsweg an der Weser entlang Richtung Dedesdorf. Hier ging uns in einem roten Feuerball die Sonne auf, aus den Nebelschwaden tauchte eine Windmühle auf. Ausser Kühen und Schafen sahen wir in den ersten Stunden kaum Lebewesen. Nach zwei Studen setzte sich Helmut ab, nach drei Stunden Hans - Peter. Weiter gings über Büttel, Neuenlande, Rechtenfleth Richtung Sandstedt - der Weserdeich meist in Sichtweite.

Ich hatte meinen langsamen Gleichschritt gefunden, sehr angenehm im Rückblick auf den Waldhessenmarathon vor 5 Tagen und im Hinblick auf den Brocken und das Bergwerk im Oktober... Plötzlich taucht Hans - Peter von hinten auf - er hatte sich verlaufen. In mitten einer Schafherde vor einem Gatter hatte er realisiert, das was nicht stimmte. Hans - Peter: "Mit Brille kann ich nicht so gut laufen...!" Jetzt kamen auch die ersten Staffeln von hinten angerast: grosses "Hallo!" und aufmunternde Worte beiderseits. Als ich von Kinder- und Jugendstaffeln überholt wurde, lief mir ein Schauer über den Rücken. Kinder und Jugendliche - eingebunden in Familien und in Vereine, herausgefordert und bestätigt durch sportliche Leistung - verbunden mit viel Spass: das gibt mir ein Gefühl der Hoffnung.

Weiter geht's über Wersabe, Aschwarden Richtung Neuenkirchen, und dann ist auch schon die Bremer Landesgrenze erreicht. Links vor mir auf der Strasse hält ein PKW, bei laufendem Motor prügeln sich Fahrer und Beifahrer. Wir sind in der Stadt. Von den meisten Staffeln überholt greife ich die letzten 10 Kilometer an. Bis zum Ziel kann ich durchlaufen, nur alle 30 Minuten Gehpausen zum Trinken. Mitten durch die City von Bremen - Vegesack, das ist mein Heimatrevier, mein Lebensmittelpunkt. "Wie bist du denn um die Ecke geschlichen?" soll mich am nächsten Tag eine Bekannte fragen. Aber ich fühle mich wohl und erreiche nach 7 Stunden und 34 Minuten unter grossem Beifall das Ziel: auf mich wartet meine Frau und eine grosse Portion Labskaus mit Rollmops und Spiegelei. Helmut erreichte das Ziel samt Bollerwagen nach 6 Stunden und 59 Minuten, Hans - Peter nach 7 Stunden und 9 Minuten - er war zwischendurch noch eben zu Hause duschen.


© Uli Schulte, 100 Marathon Club, 05. Oktober 2002
uli-schulte@gmx.net