Tritt ein, bring Glück herein

Stop, leider geschlassen!

 

Bericht Kyffhäuser Berglauf-(Marathon) - Ultramarathon beim Steppenhahn (04.2004)

Zufälliges Zitat

"You can't get fit in one workout, just as you can't live your life in one day."

Johnny G

Nächster Ultramarathon

Elisabeth Herms-Lübbe , 19. April 2004

Der Kyffhäuser Berglauf

Eine verlockende Alternative am Wochenende des Hamburg-Marathons gab es dies Jahr mit dem Kyffhäuser Berglauf, einem Landschaftsmarathon mit Start und Ziel in Bad Frankenhausen. Der Berglauf fand bereits zum 26. Mal statt. Die lange Rundstrecke ist irgendwann auf Marathondistanz erweitert worden. Daneben wurden auch kürzere Strecken sowie Mountainbiken und Wandern angeboten.

Auf der Festwiese vor dem Schloss waren Zelte aufgebaut, Parken, Anmelden, Umziehen, alles ging effizient und routiniert vonstatten. Bei den Verpflegungsstationen sollte sich das fortsetzen, immer, wenn man eine brauchte, war auch eine da. Es war viel los, aber kein anonymes Gewimmel, man konnte Bekannte treffen.

Nach Start und Durchquerung des Städtchens wurde das erste Stück auf einer Straße gelaufen. Die Autos konnten das Mittelfeld nicht überholen und dunsteten mit ihren Abgasen das Hinterfeld ein. Das erinnerte mich an ein Flussschwimmen in Kassel, wo auf der langen Strecke Rettungsboote die Schwimmer begleiteten und es immer wieder schafften, ihre Schützlinge einzudieseln. Aber das war bald vorbei, diese Kleinigkeit steckte man weg angesichts des strahlenden Frühlingstages, Schlehen und Weißdorn blühten an den Hängen des Kyffhäusers, eine große Heiterkeit lag über der Landschaft. Bald verließen wir die Straße, ich weiß gar nicht mehr genau bei wie viel Kilometern, denn mir war das ziemlich egal, weil die Heiterkeit auf mich übergegangen war, ich war zufrieden mit der Welt und meinem sportlichen Hobby und überzeugt, an diesem Tag genau das Richtige zu tun. Ich hätte es natürlich wissen können, denn die Organisatoren hatten - welch Luxus - schon bald jeden Kilometer als Countdown ausgeschildert.

Wir bewegten uns auf historischem und sagenumwobenen Boden. Der Wanderweg, auf dem wie ein ganzen Stück liefen, heißt Kaiserweg und hat als Kennzeichen die Krone der deutschen Kaiser, dieses mützenartige Gebilde, das von vier Kreuzen umgeben ist: ein großes über der Stirn und drei kleineren, davon eins im Nacken und zwei über den Ohren. Bergauf ging es im Wald, der unbelaubt bei schon ziemlich intensiver Sonne noch wenig Schatten gab. Oder doch? Zu Beginn des Laufs waren die Birkenblätter noch drin, zum Schluss halbwegs draußen. Nur, so viele Birken waren nicht an der Strecke, da standen mehr Eichen und Buchen, die noch träge waren im Blättertreiben und den Läufern noch freien Blick in die Landschaft unterhalb des Kyffhäusermassivs boten. Darunter, unberührt vom Frühling, in einem dunklen Schloss soll er ruhen, der Kaiser Friedrich Barbarossa, die damalige große Hoffnung des deutschen Reiches auf Frieden und soziale Gerechtigkeit, vor gut 800 Jahren überraschend auf einem Kreuzzug gestorben. Ähnlich dem, dessen Grab er aus der Hand der Ungläubigen befreien wollte, soll er eines Tages wieder auferstehen und sein Werk fortsetzen. In gewissen Abständen schickt er einen Knaben hoch, der nachsehen soll, ob noch Raben um den Berg kreisen. Wenn nicht mehr, braucht Barbarossa nicht mehr weiterzuschlafen. Dieser Tag, der 17. April 2004, wäre gut gewesen für die Mission, denn die 222 Marathonläufer hatten zusammen mit den Touristen alle Raben verscheucht. Nachzulesen ist die Sage zum Beispiel in einem Gedicht von Friedrich Rückert (http://hor.de/gedichte/friedrich_rueckert/barbarossa.htm). Dieser hat auch die heilige Schrift der Ungläubigen, den Koran, durch Nachdichtung ins Deutsche übersetzt, sodass er als Gesamtkunstwerk dem Original sehr nahe kommen soll. Einmal hat er in einem Jahr 449 Gedichte geschrieben, eine ebenso Achtung gebietende wie verwunderliche Leistung, aus diesem Anlass vielleicht zu vergleichen mit der der Marathonsammler. Ungefähr bei Halbmarathon überholte mich Sigrid Eichner, die jetzt an die 920 gesammelt hat.

Am Fuß des riesigen Denkmals war eine Verpflegungsstation. "Da vorn gibt es Sekt!" verkündeten mir schon vorher Touristen. Nein, es gab den geliebten Haferschleim. Und weiter ging es auf staubtrockenen Wegen rot vom Sandstein, aus dem auch das Denkmal gebaut ist, mal unter Fichten, mal durch offene Landschaft, wo gerade die Kirschbäume zu blühen begannen, dann an einem Segelflugplatz vorbei, bis auf einer Anhöhe ein anderes Monument zu sehen war, das tonnenförmige Gebäude, das das größte Rundgemälde der Welt umgibt. Es erinnert an die hier vor knapp 500 Jahren blutig niedergeschlagene Entscheidungsschlacht in den Bauernkriegen. Sie hatten keine Chance, die armen Kerle, die elend lebten und sich mit dem Mut der Verzweifelten fast unbewaffnet gegen wohl gerüstete Heere von Adel und Klerus stellten.

Noch eine Wegbiegung, dann sah man schon die Stadt, die Start und Ziel unseres Laufes war, darüber ein dunkler Kirchturm. War das nun das Bier, das ich an der letzten Verpflegung getrunken hatte, oder Wirklichkeit? Der ist ja völlig schief! Ist wohl ein Salzstock drunter gewesen.

Ich erreichte das Ziel noch voll im Zeitlimit, Gott sei Dank im Rahmen geblieben, nicht dumm aufgefallen durch Langsamkeit. Alles Wichtige war noch aufgebaut. Der Trubel hatte sich schon meist verzogen, die Festwiese war ziemlich zertrampelt. Die Laufschuhe, die ich mir eigentlich noch kaufen wollte, waren schon eingepackt und mit ihrem Händler verschwunden. Die Medaille hat ein grünes Band wie die vom Rennsteiglauf. Für die Finisher gab es wieder Bier. Im täglichen Leben trinke ich eigentlich weder Bier noch Haferschleim, aber mit dem Laufen harmoniert beides vorzüglich. Das war ein nahezu perfektes Marathonerlebnis, ganz nach meinem Geschmack: Es gab was für Beine, Augen und den Kopf, und mit der Sonne auch was für die gute Laune.


© Elisabeth Herms-Lübbe, 19. April 2004

Weitere Info's und Berichte zum Lauf: