Detlev Ackermann , 12. Mai 2004

24h Klopeiner See

24 Stundenlauf in St. Kanzian, am Klopeiner See. Einer kleinen Ortschaft in Kärnten. Auch wenn die Organisatoren in den frühen Morgenstunden tatkräftig am aufbauen sind, die Strecke abgrenzen und den Verpflegungsstand vorbereiten, sieht es alles andere aus einladend aus. Das Gefühl bezieht sich letztendlich aber mehr auf das Wetter, denn von oben kommen immer wieder mal mehr, mal weniger kräftige Regenschauer vom Himmel herunter. Kühle Temperaturen tun ihr übriges zur Ungemütlichkeit. Nur sehr zögerlich kriechen die Athleten aus ihren Zelten hinaus, in denen sie die letzte Nacht verbrachten. Doch spätestens zwei Stunden vor dem Start hält es dann doch keinen mehr in der schützenden Behausung. Die Startnummern werden an die Hemden geheftet, empfindliche Körperstellen mit Vaseline eingeschmiert und die Muskulatur durch leichtes Traben aufgelockert und warmgelaufen. Und in kürzester Zeit verwandelt sich die bis eben noch verlassene Örtlichkeit in eine muntere, bunte Menge an aufgeregten Läufern..

Gegen 12 Uhr Mittags ist es dann soweit. Zahlreiche Teilnehmer aus den Disziplinen für 1,6, und 24 Stunden Einzellauf, sowie die Ersten der jeweiligen Staffelläufer versammeln sich im Startbereich. Der Startschuss fällt und das Rennen kann beginnen. Vorne weg die Staffelsprinter, danach die Einzelläufer. Von weiter hinten rücken nun auch zwei Nordikwalker nach. Vorbei geht es am Versorgungszelt, nach einer Linkskurve weiterführend an der Zeltsiedlung der Läufer vorbei. Weiter geht es an zahlreichen Hotels und Pensionen vorbei. Und immer wieder ermöglicht sich ein Blick auf den Klopeiner See mit den Bergen herum, auch wenn sich diese hinter den tief liegenden Regenwolken verstecken mögen. Nach weiteren, einigen hundert Metern führt die Strecke nach einer Rechtsabbiegung leicht aufwärts durch eine Campinganlage. Unmittelbar danach überschreiten die Teilnehmer die elektronischen Matten der Championchipanlage. Nun kommt die eigentliche Herausforderung der Strecke. Eine von Runde zu Runde scheinbar immer schwerer zu überwindende Anhöhe ist zu überschreiten. Doch so schnell man die 13m Höhen auch erklungen haben mag, viel schneller geht es wieder herunter, bevor man sich dem Rundenende nähert. Dort wartet auch schon Live-Musik und ein Moderator auf die vorbeilaufenden Stundenläufer und werden von den Rundenzählern phonetisch begrüßt. Das motiviert und baut für die nächste Runde auf.

Am späten Abend bricht die Dämmerung ein. Der Regen hat nachgelassen, die Wolken geben den Blick auf die verschneiten Bergspitzen frei. Sternenklarer Himmel lädt jetzt eher zu einem erholsamen Nickerchen ein, ja wenn denn da nicht der Wettkampf wäre und der muss noch bis zum nächsten Tag durch gestanden werden. Die ersten Müdigkeitserscheinungen stellen sich ein, die ersten Athleten gehen zu längeren Gehpausen über. Dabei macht sich so richtig die nächtliche Kälte bemerkbar, 6 Grad Celsius. Entlang der Strecke treffen nun immer mehr Jugendliche ein. In einem großen Zelt spielt eine Rockgruppe fetzige Musik. Eine Aufheiterung, die auch für die Läufer eine angenehme Abwechslung bedeutet. Ja, so ein 24 Stundenlauf kann schon richtig endlos lange erscheinen.

So viele Strapazen machen hungrig. Da freut man sich nach jeder rund 2km Runde auf die Verpflegungsstelle und dessen Auswahl lädt zu einem kurzen Verweilen ein. Neben Getränken wie Wasser, Iso, Cola, Red Bull gibt es unter anderem warme Suppe, Kartoffeln usw. zum Auffüllen des Energiehaushaltes.

In den Morgenstunden, scheint die Stunde der Sonne geschlagen zu haben. Ihre noch müden Strahlen bahnen sich durch eine leichte Quellbewölkung, die sich immer mehr auflöst. Das scheint einige müde Lebensgeister zu wecken. Durch die Läufer bahnt sich ein letztes Aufbäumen für die letzten Stunden breit zu machen. Die Sonne spendet wichtige Kraft und Energie, denn die Beine sind nach so vielen Stunden sichtlich schwer geworden. Die Füße schmerzen. Aber der Gedanke, dass der Wettkampf bald zu Ende ist, scheint die Qualen für die restlichen Stunden verschwinden zu lassen. so z.B. bei Conny Bullig aus Deutschland. Sie hatte nicht nur den Streckenrekord der Frauen geknackt, sondern setzt nun alles daran, die 200km Grenze zu überschreiten. Aber auch Michael Peel ist noch in seinem vollen Element, sammelt fleißig über 228km, auf dem Weg zum Sieger. Wahre wunder verbrachte auch Friedhelm Natmeßnig. Er sprengte mit über 135km den Weltrekord im Nordik Walking um Längen. Aber auch die nicht ganz so Fitten dürfen stolz auf sich sein, heben sie sich mit Distanzen jenseits der 42,195km Grenze deutlich vom normalen Marathonläufer ab.

In St. Kanzian wird keiner allein gelassen. Wer keinen persönlichen Betreuer hat, ist hier nicht verloren. Regelmäßig fährt der Cheforganisator mit einem Rad perönlich die Strecke ab und ruft den Athleten ihre bisher gelaufenen Km zu, gefolgt von der momentanen Position in der Gesamtrangliste. Weiterhin werden die Zuschauer aufgefordert, auf die Läufer positiv einzuwirken, ja sie sogar ein Stück zu begleiten und auf ihrem schwehren Weg Mut zuzusprechen.

Alles hat einmal ein Ende, auch der 24Stundenlauf am Klopeiner See. Ein erleichterndes Aufatmen macht die Runde. Es ist vollbracht. Egal wie man gelaufen ist, jeder gratuliert jedem zu seiner Leistung. Die restlichen, gelaufenen Meter werden ermittelt und endlich kann man das tun, was man eigentlich die ganze Zeit schon machen wollte, einfach fallenlassen und alle Viere von sich strecken.

Gegen 14 Uhr startet die Siegerehrung. Auch hier zeigt sich seitens Veranstalter wieder viel Liebe zum Detail. Jeder Teilnehmer erhält eine Medaille und Urkunde überreicht. Und weil so ein Ultralauf in Österreich was ganz besonderes ist, lies es sich der Präsident des österreichischen Leichtathletikverbandes nicht nehmen, jedem Teilnehmer persönlich zu seiner Leistung zu gratulieren.

Im Prinzip lässt sich das Event kaum toppen, auf der Suche nach Verbesserungsvorschlägen folgt eine lange Gedankenpause. Doch dem Veranstalter kommen schon neue Ideen. Nächstes Jahr soll die Veranstaltung über Christi Himmelfahrt stattfinden, denn dann sind noch wesentlich mehr Gäste im Dorf und zusätzliches Publikum dürfte der größte Ansporn und Zuspruch für die Athleten sein.


© Detlev Ackermann, 12. Mai 2004

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