Tritt ein, bring Glück herein

Stop, leider geschlassen!

 

Bericht 24h WC/EC Uden 2003 - Ultramarathon beim Steppenhahn (10.2003)

Zufälliges Zitat

"Den Mann mit dem Hammer verhauen, niemals wieder wird er Ultra versauen"

Wolfgang Gräf

Nächster Ultramarathon

24h WC/EC Uden 2003

Einleitende Worte aus der Email des Autors:

Hi Stephan,
angehängt mein ganz persönlicher Bericht zu den Welt- und Europameisterschaften in Uden. Du wirst kritische Worte zur DUV und dem Umgang des Präsidenten mit den Interessen der 24-Stunden-Läufer darin finden. Auch, wenn das vielleicht den Anschein hat, ich bin nicht in das Lager derer übergetreten, die ihre Differenzen in aller (Internet-)Öffentlichkeit austragen. Es bleibt bei meiner Meinung, dass es uns allen nicht dient, uns gegenseitig öffentlich zu beschmutzen. Ich will auch diesen Bericht nicht so gewertet wissen. Worum es mir geht, ist aufzuzeigen, dass wir Mitglieder uns wehren müssen. Und vor allem wogegen! Nicht, indem wir austreten, obwohl ich zugeben muss, dass auch ich das in den letzten Monaten anläßlich verschiedener Gelegegenheiten als die leichteste Lösung mehrfach überlegt hatte. Ich bin aber wieder davon abgekommen, da wir als Nicht-Mitglieder nichts bewegen werden. Aber, indem wir unseren Präsidenten immer wieder zum kritischen Dialog auf- und notfalls herausfordern.
So wünschenswert eine Aufwertung des 24-Stunden-Laufs ist, ob sie am Ende für uns alle ein freudiges Ereignis sein wird, wage ich bei den damit verbundenen "Regeln" zu bezweifeln. Solange die Führung des Vereins, der sich auf die Fahnen geschrieben hat, den Ultralaufsport weiter zu entwickeln, glaubt, den Sport weiterentwickeln zu müssen, ohne auf die Interessen der betroffenen Sportler zu horchen, kann ich darin keine gesunde Entwicklung sehen und muss mich dazu äußern. Damit die Mitglieder beurteilen können, was die Aufwertung ihres Sportes mit sich bringt, äußere ich mich öffentlich. Mögen viele anderer Meinung sein, als ich es bin, so bin ich doch der Ansicht, es lohnt sich auch innerhalb der DUV für unsere Sache zu kämpfen.
Viele Grüße aus Erkrath
Sigi
PS.: wenn du möchtest, habe ich nichts dagegen, wenn du das oben Geschriebene vor den Bericht stellst.

Hiermit geschehen und damit kommen wir zum Bericht:

Sigi Bullig , 13. Oktober 2003

Höhen und Tiefen, Freud und Leid, Erkenntnisse und Ernüchterndes bei den Welt- und Europameisterschaften im 24-Stunden-Lauf in Uden/NL

Das Erfreuliche vorne weg: die Disziplin 24-Stunden-Lauf wird vom DLV ebenso, wie das ja schon beim 100-KM-Lauf passiert ist, als offizielle Disziplin anerkannt! So mitgeteilt vom neuen DUV-Präsidenten Volkmar Mühl anlässlich der Mannschaftsbesprechung vor dem Start zur Welt- und Europameisterschaft im 24-Stunden-Lauf. Sichtbares Zeichen dieser Neuerung: es gab für alle Teammitglieder und die dazu gehörenden Betreuer schicke neue Trainingsanzüge und Regenkleidung, die behalten werden durften! Früher gab es z.T. die von den 100-km-Läufern abgelegten Klamotten, die dann am Ende der Veranstaltung wieder eingesammelt wurden. Natürlich bedeutet das auch, dass ab jetzt die allgemeinen Wettkampfregeln auch für den 24-Stunden-Lauf gelten, was insbesondere bedeutet, dass die Startnummer, wörtlich zitiert: "an Brust und Rücken" zu tragen ist und nicht, wie das bei den Ultras (und bei den Triathleten, von denen haben wir das schließlich abgeschaut) üblich ist, locker und zum schnellen Kleiderwechsel nützlich, am Startnummernband um die Hüfte. Fragen, warum wir das immer alles so eng sehen und die anderen Nationen nicht, warum unsere LäuferInnen sich jetzt ihr Trikot über wärmende Kleidung des Nachts ziehen müssen, während alle anderen wie das in der Vergangenheit so üblich war, einfach eine Jacke überziehen werden und ihr Startnummernband darüber legen, waren in der Mannschaftsbesprechung nicht zur Beantwortung vorgesehen. Regel ist Regel und muss schon allein deswegen eingehalten werden. Wenn die anderen das anderes machen, so ist das deren Problem. Wir wünschen uns seit Jahren die Anerkennung, jetzt, wo sie kommt, können wir nicht darauf reagieren, indem wir es schlecht finden, dass man in der Nacht wie eine Pellwurst eingeklemmt in das über alles zu ziehende Nationalhemdchen rumläuft. Schließlich ist am Trikot die in korrekter Höhe angebrachte Startnummer befestigt ist und darüber hinaus das Tragen des Nationaltrikots zu jeder Phase des Laufes Pflicht ist! Basta! Punkt! Ende der Diskussion!

Ach ja, Harry A. Arndt, seines Zeichens Ultramarathon-Wart des DLV und qua Amt verantwortlicher Leiter der National-Teams im Bereich Ultramarathon kann die Leitung der 24-Stunden-Lauf Mannschaft aus gesundheitlichen Gründen nicht selbst übernehmen, daher hat man seinen designierten Nachfolger in diesem Amt, den derzeitigen DUV-Präsidenten Volkmar Mühl zum Teamleiter der 24-Stunden-Lauf Mannschaft ernannt, Harry lässt schön grüßen und wünscht der Veranstaltung einen guten Verlauf.

Samstag, 11.10.2003 erfolgt der Start Punkt 14.00 Uhr. Nach einer Ehrenrunde durch das Stadion de Keien in Uden, angeführt von den Honoratioren der Veranstaltung, wird das Feld der mehr als 200 Starter in den verschiedenen Championaten und der offenen Wertung auf die Strecke geschickt. 2.500 Meter pro Runde gilt es zu durchlaufen, jede Runde geht es einmal durch das Stadion, am Ende wird die letzte Stunde nur im Stadion gerannt. Im Stadion und rings herum bietet der Veranstalter ein buntes Rahmenprogramm - es ist alles getan, dass es eine gelungene Premiere für die erste, wenn auch noch nicht ganz offizielle, Weltmeisterschaft in dieser Disziplin gibt. Um ganz offiziell zu sein, fehlt es zur Zeit noch am Segen der IAAF, aber man ist auf dem Weg, wenn noch mehr nationale Verbände den 24-Stunden-Lauf in ihr Programm integrieren, was ja jetzt auch in Deutschland geschehen wird, kann in ein paar Jahren die erste offizielle Weltmeisterschaft im 24-Stunden-Lauf statt finden.

24h Uden 2003: Die Damen-Mannschaft
Die Deutsche Damen-Mannschaft in schönen neuen Anzügen

Wie sich das gehört, sind alle Deutschen Teilnehmer korrekt gekleidet! Marianne Dahl, die bei ihrem Debut mit 59 Jahren für das Nationalteam eine phantastische Leistung abliefern wird und mit über 195 km einen neuen Altersklassenweltrekord in der W55 aufstellen wird (bei dieser Leistung darf, muss man das Alter nennen!) steht knapp hinter der Weltrekordhalterin und amtierenden Europameisterin Edith Berces aus Ungarn, die offensichtlich kein Nationaltrikot hat und deshalb auch die Startnummer am Startnummernband befestigt hat, das um die Hüfte gelegt ist. Direkt daneben Irina Reutovitch aus Russland, die zwar ein Nationaltrikot hat, das aber offensichtlich nicht beschädigt werden darf, da auch sie ihre Startnummer am Band um die Hüften trägt. Weder Trikot noch Startnummernband hat vermutlich die Amerikanerin Pam Reed, zweifache Gewinnerin des "härtesten Ultramarathons der Welt" in Badwater, sie trägt daher folgerichtig ihre Startnummer auf der Mütze, zurechtgeschnitten, damit sie nicht übersteht. Zuerst dachte ich, sie hätte sie glatt vergessen, aber aufmerksame Zuschauer haben dann diese elegante Lösung entdeckt und mich über die sehr praktische Alternative aufgeklärt.

Das Rennen konnte also beginnen. Volkmar Mühl hatte sich bei der Mannschaftsbesprechung über die Ziele und den Vorbereitungsstand jedes einzelnen Mitgliedes der beiden Mannschaften informieren lassen und daher musste man nicht nervös werden, als nach ein paar Runden bis auf Jens Lukas kein Deutscher Teilnehmer auf Rängen herumlief, die nur annähernd darauf hindeuteten, dass Deutsche Teilnehmer bei diesem Lauf irgendwelche Ambitionen hätten. Dass dieses nur eine Momentaufnahme ist, wissen alle 24-Stunden-Läufer, dass die Nacht immer lang ist, dass am Anfang immer die vorne weg heizen, die nachher als erste verschwunden sind, man kannte das alles und es gab keinen Grund unruhig zu sein - im Gegenteil, wenn alle so vernünftig anlaufen würden wie Conny, natürlich gemessen an ihrem jeweiligen persönlichen Plan für dieses Rennen, dann konnte man von den Deutschen Teams noch einiges erwarten. Keinesfalls war der Zwischenstand nach den ersten Stunden ein Grund zum Jubeln für unsere Mitbewerber, wie es ein euphorischer Betreuer der Amerikanischen Mannschaft per Handy lauthals seinem Gesprächspartner mitteilte: "From the German we don´t see anything"

Dafür sahen die Kampfrichter bei den Deutschen umso mehr. Harry A. Arndt, aus gesundheitlichen Gründen nicht in der Lage nach Uden zu kommen, hatte eine wundersame Genesung erleben dürfen. Noch kurz vor dem Start sah man ihn, wie vom Teufel gejagt mit seinem Fahrrad um die Strecke radeln. Wer nicht im Bilde war, wurde von dem Schild an seinem Rad sofort in Kenntnis gesetzt. "IAU Marathon-Measurer" stand rot eingerahmt in dicken Lettern zu lesen. Damit jeder, der ihn sieht, die Chance hatte, seine Bestimmung zu erkennen, war dieses Schild natürlich vorne und hinten am Rad befestigt - an Brust und Rücken sozusagen. Harry A. Arndt also, der eine wundersame Genesung zu verzeichnen hatte und somit entgegen seiner Ankündigung nun offensichtlich doch etwas für das Deutsche Team tun konnte, machte nach den ersten Stunden, als er festgestellt hatte, dass die Strecke um 1,1 Meter zu kurz vermessen worden war, die örtlichen Kampfrichter darauf aufmerksam, dass die Wettbewerbsregeln nicht eingehalten werden. Sofort und ohne weitere Zeit zu verlieren begaben sich die Kampfrichter an die Strecke und stellten fest, dass Thomas Blumtritt mit Walkman lief. Ein unerlaubtes technisches Hilfsmittel, dessen Einsatz laut Wettkampfregeln verboten ist. Ohne weiteren Zeitverlust wurde die Deutsche Mannschaftsleitung informiert, Thorsten Diehl, Schriftführer der DUV und Volkmar Mühl als Unterstützung für die Mannschaftsleitung an die Seite gestellt, trug diese Information in das Betreuerfeld, das sich überwiegend aus den erfahrenen persönlichen Betreuern der Deutschen Teilnehmer zusammensetzte. "Volkmar hat beim Veranstalter auf Einhaltung der Wettbewerbsregeln protestiert", teilte er mit. "Die sind jetzt unterwegs und verwarnen jeden, der mit Walkman läuft, der Thomas soll seine Ohrhörer abnehmen, sonst haben wir da ein Problem!" Die Nachricht schlug ein, wie eine Bombe! Wie? keine Kopfhörer? Was soll der Quatsch denn? Wie kann man denn so einen Protest aussprechen? Die sollen sich erst einmal darum kümmern, dass die Kleiderordnung eingehalten wird! Kuckt euch mal die Russen an, da weiß man gar nicht, wer dazu gehört, die Ungarn, die Amerikaner - und außerdem laufen doch noch mehr mit Kopfhören rum!

Conny reagierte heftig: "Dann können die mir auch gleich verbieten, mich für Nachts wärmer anzuziehen. Also, wenn das stimmt, höre ich auf!" Die folgenden Runden waren nicht lustig. Conny nölte und meckerte. Die Stimmung war hin. Offensichtlich hatten die Kampfrichter ihre Aufgabe nicht besonders konsequent verfolgt. Ungarinnen, Amerikanerinnen und Russinnen liefen nach wie vor mit Kopfhörern und Conny konnte und wollte nicht einsehen, dass sie nun auf die Musik verzichten sollte, auf die sie sich seit Stunden gefreut hatte, während es bei den anderen Teams offensichtlich kein Problem damit gab. Thomas Blumtritt bekam Rücken- und Magenprobleme und stieg aus. Er packte seine Klamotten und verließ ziemlich Hals über Kopf die Wettkampfstätte.

24h Uden 2003: Die LäuferInnen
Mereth Rose (l) und Conny

Das Rennen entwickelte sich langsam. Sowohl bei den Herren als auch bei den Damen kletterten unsere Teilnehmer Stunde um Stunde in der Rangliste nach vorne. Gemessen an den Erfahrungen der vergangenen Europameisterschaften war zu erwarten, dass sich nach der Nacht das Feld anders darstellen würde, die Deutschen waren auf ihrem gewohnten Weg: nach verhaltenem Start Stück für Stück nach vorne. Allein die Diskussion über die Einhaltung der Wettkampfregeln und damit das Verbot von Walkman und Nummerband erregte weiter die Gemüter. "Warum müssen eigentlich immer nur wir auf alles hören und super korrekt sein? " war die immer wieder zu hörende Frage, "alle anderen Nationen machen, was sie für Richtig halten und das kümmert niemanden!"

Volkmar Mühl kam, um die Sache aufzuklären. Nicht er hatte protestiert! Nein, er hatte lediglich Harry A, Arndt darüber in Kenntnis gesetzt, dass die Einhaltung der Regeln bei dieser Veranstaltung offensichtlich nicht so eng gesehen würde. Es gäbe z.B.: kein Markierung der Verpflegungszonen, Startnummern würden mit Duldung des Veranstalters ("Eine reicht doch aus") teilweise nur vorne getragen und so weiter. Der, Harry A. Arndt, sei dann zu dem Oberkampfrichter gegangen und hätte reklamiert, was zu dem nun vorliegenden Ergebnis geführt hätte.

Was Harry A. Arndt überhaupt auf dieser Veranstaltung zu tun habe, habe ich Volkmar gefragt. Ja, er sei halt als IAU-Mann anwesend, da man ihn gebeten hätte, die Strecke erneut zu vermessen. Ach ja - da rufen die Holländer den rd. 500 km entfernt wohnenden Harry A. Arndt aus Deutschland an, um die Strecke zu vermessen - weil sie selbst niemanden haben, der dazu in der Lage wäre! Dafür riskiert Harry A. Arndt, der aus gesundheitlichen Gründen nicht in der Lage ist, seinen Job als DLV-Ultramarathonwart auch in Uden auszuüben und bei der Mannschaft zu sein, seine Gesundheit und ist wichtig. Ich hatte eher den Eindruck, er wollte seinen Nachfolger als DUV-Präsidenten, Volkmar Mühl ein wenig vorführen, aber das ist nur mein persönlicher Einruck. Dass Harry A. Arndt danach jedes einzelne Absperrgitter persönlich an die richtige Stelle rückte und den richtigen Stand auf dem Boden mit Kreide markierte, bewies jedoch, das es ihm um mehr ging, als die Strecke zu vermessen.

Volkmar Mühl klärte aber nicht nur falsche Information rund um den Protest auf Einhaltung der Wettkampfregeln auf. Da hatte Thorsten Diehl einfach nur nicht richtig berichtet. Er betonte darüber hinaus auch noch, dass er mit der Forderung nach Ablegen der Walkman etc. nicht das geringste Problem habe. Das sei nun mal die Regel und Regeln müssten eingehalten werden. Mann kann nicht seinen Sport anerkannt wissen wollen und dann die Regeln nicht akzeptieren wollen. Ich erfuhr, dass diese Regeln schon immer auch für die 24-Stunden-Läufe gelten, die Tatsache, dass sie bisher nicht durchgesetzt worden seien, würde nichts daran ändern, dass es sie gibt. Und weil es sie gibt, müssen sie auch eingehalten werden. Und es gäbe überhaupt keinen Grund, für den 24-Stunden-Lauf an den für alle Leichtathletik-Disziplinen geltenden Wettkampfregegeln irgendetwas zu ändern. Ob die Regeln für den 24-Stunden-Lauf sinnvoll sind, müsse nicht überprüft werden, da sie alleine dadurch, dass sie vorhanden seien eingehalten werden müssen. Jawohl Herr!!! *Diener*

Wir werden uns also darauf einstellen müssen, dass dann, wenn die Veranstalter ihre 24-Stunden-Läufe als DLV-Lauf anmelden, damit die Ergebnisse Eingang in die DLV-Bestenlisten finden können, das Tragen von Startnummerbändern nicht mehr toleriert wird, der Einsatz von Walkman oder Radio und MP3-Player untersagt ist. Von der DUV, dem Verein, der für uns Ultraläufer da sein will, werden wir in diesem Punkt keine Unterstützung erwarten dürfen. Der Präsident Volkmar Mühl sieht keinen Bedarf, daran zu arbeiten, dass die Regeln auf die speziellen Bedürfnisse von Sportlern, die über Nacht extreme Leistungen vollbringen, überprüft werden. Vielleicht brauchen wir die DUV eines Tages auch gar nicht mehr, wenn nämlich die Teilnahme an Deutschen Meisterschaften im Ultramarathonbereich keine Mitgliedschaft in der DUV mehr voraussetzt, weil die Meisterschaften dann als DLV-Meisterschaften durchgeführt werden. Dann wird, wie bei den 100ern, die Teilnahme nur über eine Meldung vom Verein über den Landesverband möglich sein. Mit allen Regeln, egal, ob sie sinnvoll sind oder nicht - ganz wie der Präsident des Vereins, der unsere Interessen vertreten will (oder ich habe da etwas falsch verstanden) es gut findet.

Ach ja - das Rennen. Mereth Rose, wie Ilona Schlegel und Marianne Dahl Debutantin im Nationalteam, bekam zu Beginn der langen Nacht Magen- und Kreislaufprobleme. Unter den Deutschen Damen bis dahin auf der besten Position liegend, fiel sie schnell zurück und der Vormarsch der Damen war erst einmal gestoppt. Conny, die in der Nacht erfahrungsgemäß durch das Feld marschiert, war die nächste, die mit Kreislaufproblemen zu kämpfen hatte und ihre Leistung nicht mehr abrufen konnte. Sie bemühte sich zwar einige Runden, ihren Kreislauf wieder in den Griff zu bekommen, musste jedoch dem Körper nachgeben und auf ein langsames Tempo mit Gehpausen zurückschalten. Christine Sextl lief, wie man es von ihr kennt, ihren "Stiefel durch" und Heike Pawzik rückte an die Spitze des Deutschen Damen-Teams. Noch war der Kontakt zu den vor uns liegenden Teams der USA und Ungarn nicht gerissen. Russinnen und Französinnen schienen neben den Japanerinnen jedoch unerreichbar. Bei den Männern deuteten sich bei Jens Lukas zwar Probleme an, es sah aber so aus, aus sollten sich diese in erträglichen Grenzen halten. Karl Graf lief, wie aufgezogen und strahlte Stärke und Zuversicht aus, Gerald Dudacy läuft und läuft, etwas anderes fällt mir zu ihm nicht ein, Sigurd Dutz kämpfte bravourös und Wolfgang Schwerk hatte Probleme mit dem Magen und überlegte aufzuhören. Wolfgang Feikert, als Betreuer für Christine Sextl mitgereist und als hochgelobter Teamleiter der letzten EM in Gravigny so etwas wie der Hauptratgeber des jetzigen Teamleiters Volkmar Mühl und seines Assistenten Thorsten Diehl, kam, mit der neuesten Zwischenergebnisliste bewaffnet, und erklärte Wolfgang Schwerk, er könne für die Mannschaft nichts mehr tun, da er gute 10 Kilometer hinter Sigurd Dutz und Gerald Dudacy liege, Karl Graf und Jens Lukas seien sowieso außen vor, also könne er genauso gut aufhören. Ich bekam einen mittelschweren Tobsuchtsanfall, keine 10 Sekunden nachdem ich Wolfgang Schwerk unter Hinweis auf die Mannschaft und seinen Anteil daran, dazu gebracht hatte, doch vorerst weiter im Rennen zu bleiben, kommt dieser (das schreibe ich besser nicht) und bricht Wolfgang Schwerk endgültig den Willen. Der läuft zwar schließlich wieder los, steigt aber noch im Laufe der Nacht aus. Zuerst ein Präsident, der sich für ein einheitliches Regelwerk in seiner Argumentation so einmauert, dass er als Konsequenz sogar Conny allen Ernstes eine unsportliche Einstellung attestiert, weil diese sich von dem Walkman-Verbot beeindruckt zeigt, dann ein unfähiger Betreuer - für mich begann diese WM/EM langsam zum Alptraum zu werden.

Es dauerte nicht lange und Jens Lukas musste seinen Versuch, erneut Europameister und vielleicht sogar der erste Weltmeister in der Geschichte des 24-Stunden-Laufs zu werden abbrechen. Durch Magen-Darm-Probleme und die sich unweigerlich einstellenden Kreislaufprobleme völlig entkräftet und nahezu orientierungslos quittierte er nach rd. 170 km das Rennen. Nun lag alles bei den verbliebenen Karl Graf, Sigurd Dutz und Gerald Dudacy. Um es vorwegzunehmen, obwohl alle drei eine gute Leistung ablieferten, reichte es nicht zum erhofften Medaillenrang. Der Ausfall von Jens Lukas und Wolfgang Schwerk war einfach nicht zu kompensieren.

Bei den Damen entwickelte sich die Situation etwas erfreulicher. Heike Pawzik lief ein sensationelles Rennen und stellte mit mehr als 202 km eine neue persönliche Bestleistung auf, Christine Sextl steigerte ebenfalls ihre persönliche Bestleistung und erreichte rd. 196 km, Marianne Dahl erreichte Altersklassenweltrekord und Mereth Rose fand soweit ins Rennen zurück, dass sie die 180 km - Marke übertreffen konnte. Conny und Ilona Schlegel hatten ihre Probleme bis zum Ende als ständigen Begleiter und bleiben mit 174 und 167 km weit unter ihren persönlichen Erwartungen. Am Ende blieb für das Deutsche Damen-Team trotz aller Probleme ein versöhnlicher dritter Platz in der Europa-Wertung, auf der Welt reichte es zu Rang fünf. Russland, Frankreich und Japan und die USA waren an diesem Tag besser als unsere Damen.


© Sigi Bullig , 13. Oktober 2003
cosibullig@t-online.de

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