Alle zeigen - Bericht von Elisabeth Herms-Lübbe zum Bad Salzuflen:
Elisabeth Herms-Lübbe , 15.03.2010

Schönes Wetter in Bad Salzuflen

Wegen Schnee und Eis war der Marathon in Bad Salzuflen um zwei Wochen auf den 13. März 2010 verschoben worden. Beides hatte sich zwar noch nicht ganz verzogen, aber die Strecke war “belaufbar”. Zur Erinnerung: der Marathon hat ein Baukastenprinzip, fünf Runden von acht Kilometern muss man laufen, bis dort ist es einen Kilometer von Start und Ziel. Man kann auch weniger als fünf Runden machen und kommt dann in die Wertung als “Joggingläufer”. Es ist eine größere Veranstaltung. 1500 Läufer können dort maximal starten, in Vergangenheit war die Starterliste voll, durch die Verschiebung in diesem Jahr nicht ganz. Ich bewundere die Organisatoren und ihr Team, wie sie es hinbekommen haben, das alles zu verschieben. Sogar das Startgeld hatten sie den Läufern, die am zweiten Termin nicht konnten, zurückgezahlt. Hier wird man von guten Menschen betreut.

Alles war wie gehabt. Die Kuchenauswahl und -menge war gigantisch, wuseliges Treiben vor der Grundschule Elkenbrede und darinnen. Ich kaufte mir eine Winterlaufhose. Meine alte hatte ich weggeworfen, nachdem sie an den Oberschenkeln aufgerieben und trotz einiger Reparaturen optisch völlig unzulänglich war. Ich hatte sie zehn Jahre lang getragen. Ich hätte mir ja auch endlich mal ein Laufröckchen nähen können. Dann hätte ich die alte Hose verschleiern und noch länger tragen können. Neue Laufhosen kratzen häufig. Einige Nachfolgehosen hatte ich deshalb nicht in Dauerbetrieb genommen. Schneidertechnisch sind Laufhosen ziemlich nachlässig gefertigt. Zwischen den Beinen müssten Kappnähte sein, die die abstehenden Fädchen verdecken. Auch die Reißverschlüsse an den Füßen sind einfach so eingenäht, völlig kunstlos, da kann die Hose noch so teuer sein. Bei mir neigen Hosen zusätzlich dazu, zu Kompressionshosen zu werden. Neuerdings wird ja die Kompression der Unterschenkel, sogar der ganzen Beine als Unterstützung beim Laufen sehr gelobt. Dem kann ich mich gar nicht anschließen. Durch Kompression werden Beine und besonders der Unterleib im Winter extra kalt. Das führt dazu vermehrten Gängen in die Büsche und fühlt sich gar nicht gesund an. Meine neue Hose war am Ende des Tages zwar schlammgesprenkelt, aber hatte weder gekratzt noch komprimiert, Gott sei Dank. So viel zur Bekleidung.

Vor dem Start verabredete ich mich noch für später mit der Besenradfahrerin auf dem Mountainbike. Ich würde wohl die Letzte sein und wir würden eine gewisse Zeit zusammen verbringen.

Zum Start gab es einige offizielle Sätze. Der Marathon sei 18 Jahre alt geworden und damit volljährig. Die Chefin der Grundschule Elkenbrede bekam deshalb einen Scheck über 500 Euro. “Und bitte nicht wieder den Reporter vom WDR umlaufen!”

Über Tag, als wir unsere Runden zogen, taute der Restschnee im Wald zusehens. Eisbretter auf der Strecke waren mit Sägespänen abgestreut. Auf manchen Abschnitten wurde der Schlamm tiefer und tiefer. Es gab sogar zweifarbigen Schlamm, wie Marmorkuchen, oder, wenn er wässrig war, floss er ineinander wie Schokoladen- und Nusseis. Zweifarbig war auch die Schokolade an der Hauptverpflegungsstelle. Sogar Walnüsse hatte man vorrätig, eigene Ernte vom letzten Herbst, wie es schien.

Wir liefen unter Eichen und Buchen über kleine Hügelchen mit ekligen Steigungen.. An der Autobahn gab es auch Fichten und eine ungepflegte Teerstraße, die voller Eis und zerfallenem Laub war. Da war wenigstens nicht richtig tiefer Matsch.

Auf der Strecke bemerkte ein Läufer: “Gutes Wetter haben wir heute”. Wie sind wir doch nach diesem Winter bescheiden geworden! Nicht einen einzigen Sonnenstrahl gab es den ganzen Tag. Er fragte mich, warum ich ganz aus Kassel dorthin gekommen sei. Ja, so weit ist es ja eigentlich gar nicht. Und ich liebe Landschaftsmarathons und wie kleine Städte und Dörfer ganz groß damit herauskommen.

Leider konnte ich die letzte Runde nicht mehr beginnen, denn der Weg war mir versperrt. Ich war zu spät. Ich hätte die Zielschlusszeit um 15 Minuten überzogen. Die Ausschreibung war eindeutig gewesen. Soweit okay. Was aber gar nicht in Ordnung ist, sind die Richtlinien des Deutschen Leichtathletikverbandes (DLV), die solche Zeiten empfehlen. Heerscharen von älteren Läufern, besonders die älteren Damen, werden so schon im Vorfeld vom Marathon ausgeschlossen. Im Ausland gibt es wesentlich mehr Zeit. Jedoch auf dem Rücken dieser lieben Veranstalter wollte ich dies leidige Thema nicht austragen. Ich hätte ja um einen früheren Start bitten können, der wäre wohl verhandelbar gewesen,, ich hatte nur einfach nicht daran gedacht. So verließ ich mit einem fehlenden Baustein die Strecke als “Joggingläufer” mit dem üblen Gefühl, eine unfertige Baustelle zu verlassen.

Bald kam auch die Besenradfahrerin, das Gesicht voller Schlammspritzer. Wir waren uns dann doch nicht mehr auf der Strecke begegnet.

Unter der warmen Dusche meinte eine Frau: “Schönes Wetter hatten wir heute, es hat nicht geregnet.” Nun denn. Ich konnte das nicht bestätigen, weil ich schlechte Laune hatte.

Ageism. Ich liebe dieses Wort, weil man dreimal hinsehen muss, um es lesen zu können und zu begreifen. Altersdiskriminierung. Zu Hause tat ich dann endlich das, was ich schon längst mal vorhatte, ich rief die Homepage des Büros gegen Altersdiskriminierung auf. Im Logo rennt passenderweise ein stilisierter Läufer aus seinem stilisierten Gefängnis. Es gibt da einen Knopf “Diskriminierung melden!” , den ich wie folgt betätigte:

Durch zu knappe Zeitlimits werden ältere Läufer von vielen Marathonveranstaltungen ausgeschlossen. Das ist besonders schmerzlich, weil diese unter der Überschrift “Volkslauf” und “Breitensport” stehen und aufwändige, liebevoll gestaltete gesellschaftliche Ereignisse sind. Ist das ein Thema für sie? Ich schreibe Ihnen gern mehr dazu.

Mal sehen, was daraus wird.

Spät abends sagte mein Mann: “Wenigstens schönes Wetter habt ihr gehabt!” Ach ja.













© Elisabeth Herms-Lübbe, 15.03.2010

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