Alle zeigen - Bericht von Gerald Baudek zum DE ZESTIG VAN TEXEL:
Gerald Baudek , 05.05.2009

Die längste Beach-Party - De Zestig van Texel '09

Halb 5 Uhr am Morgen mag eine etwas ungewöhnliche Zeit sein, um eine Beach-Party zu eröffnen, aber wir sind halt die ganz Harten (oder die ganz Verrückten, je nach Blickwinkel). Wir, das sind 25 Ultraläufer, die vor dem "60 van Texel" noch schnell vom Ziel zum Start laufen, und damit ihre Laufstrecke auf 120 km ausdehnen. 25 Leutchen, das ist nicht viel, aber dafür ist jeder einzelne handverlesen: Eine Zeit von 9 1/2 Stunden auf 100 km galt es nachzuweisen, um die Startberechtigung zu erhalten. Dennoch gab es nur 18 offizielle Finisher, dazu je einen Läufer und eine Läuferin, die das Ziel erreichten, aber das Zeitlimit von 13 Stunden verfehlten. Die deutsche Fraktion bestand außer meiner Person noch aus dem trioisdorfer Ultrarecken Michael Irrgang.

Ich habe mich im letzten Jahr angemeldet, dann aber im Frühjahr habe ich mich mehr auf den Marathon in Freiburg konzentriert. Die Vorbereitung auf meinen bisher längsten Lauf fiel dagegen recht bescheiden aus.
Die ersten 15 Kilometer wurden erstmal recht gemütlich angegangen. Ein Nicht-Angriffspakt beschränkte das Tempo, die 10km Marke wurde von einer großen Führungsgruppe nach über 50 Minuten erreicht. Erst Peu a peu wurde das Tempo hauptsächlich vom Favoriten Jan-Albert Lantink verschärft. An der Nordspitze der Insel zog sich die Spitzengruppe allmählich auseinander, woran neben der Tempoverschärfung auch der hier etwas kräftigere Wind die Verantwortung trug. Durch das Vogelschutzgebiet De Slufter war ich noch mal gemeinsam mit Micheal unterwegs. Dann gabs die erste Strandpassage. Glücklicherweise war in diesem Jahr kaum Algenblüte, wie man sie auf Bildern vom Lauf in 2007 sehen konnte, und so ging es ganz gut an der Wasserlinie entlang, wo der Sand am festesten war. Mit diesem 5km-langen Abschnitt war der erste Marathon absolviert. Für mich Grund einmal hinter der Düne zu verschwinden, und etwas feste Nahrung zu mir zu nehmen. Auf der ersten Runde gab es noch keine Versorgungsstellen, dafür bekam jeder Läufer einen persönlichen Fitser (Radfahrer) zur Seite gestellt, der die notwendigen Getränke, Riegel und weiteren Kram stets bereithielt (außer bei den Strandstücken). So ließ ich mich von John bedienen, und ließ dabei Michael seines Weges ziehen.

Als es dann wieder zum Strand ging, lief der 2007er Sieger Edward Ruiter zu mir auf. Die Idee, mich dort an ihn ranzuheften, erwies sich aber nicht als Gute. Er lief einfach durch den losen Sand, und zwar mit einem Tempo, dem ich ohnehin nicht folgen konnte. Dann ging der Weg weiter durch den Sand, aber weit ab von der Wasserkante. Also musste auch ich durch den losen Sand. Das fand ich extrem schwer. Mit jedem Schritt merkte ich, wie mir mit der fehlende Untergrund die Kräfte raubte. Als ich diese 7 km überbrückt hatte, dachte ich nur mit Grausen daran, dass ich nach weiteren 10 Kilometern mich genau dieses Stück wieder zurückkämpfen sollte. Aber eins nach dem anderen; erst mal zum Wendepunkt am Fährhafen.

Bestandsaufnahme an der Wende: Jan-Albert ist allein in Führung, kurz dahinter eine Zweiergruppe. Edward hat auch Michael überholt, der liegt rund 1,5 km vor mir, hinter mir ist auch rund 1 km kein Betrieb, dann kommen aber gleich drei Läufer kurz hintereinander. Bevor ich wieder an den Strand komme, gibt es noch mal ausgiebig Verpflegung, und ein Gel-Päckchen nehme ich zur Sicherheit noch mit. Ich warne John schon mal vor, dass ich für dieses Stück etwas länger brauche, und behalte damit auch recht. So, nun nur noch das letzte Strandstück. Kurz vor Mittag sind hier besonders viele Burgenbauer, Drachen-Steigen-Lasser, Hunde-Ausführer und sonstige Störfaktoren unterwegs. Aber immerhin gibt es auch etliche Anfeuerer, darunter auch meine eigene Verwandschaft Tante, Onkel und Cousine nebst Anhang beim obligatorischen Osterausflug. Als ich endlich am Beach-Inn in de Koog wieder festen Boden unter mir finde, ist das schlimmste Stück geschafft, und damit das Ziel schon in greifbare Nähe gerückt.

Ich bin immer noch mit einem ordentlichen Lauftempo unterwegs, mache aber etliche Pausen. Dadurch kommt es, dass der Belgier Wim Callens, der langsamer läuft, dafür weniger und kürzere Pausen macht mich auf den letzen 30 Kilometern mindestens 6 mal überholt, und ich anschließend wieder an ihm vorbei laufe. Auch die 60km-Läufer verlieren nun langsam ihren Elan. Etliche sind auch nicht mehr schneller als ich, obwohl sie zuvor 45 Minuten auf mich gut gemacht hatten. Anders als auf dem Hinweg geht es noch durch die Ortschaft Oosterend, in der uns noch einmal einiger Zuspruch und Applaus zuteil wird. Motivation für die letzten Kilometer, die einzeln markiert sind. Noch einmal Brust raus, Lächeln auf's Gesicht.

Bei X-4 überhole ich noch ein letztes mal Wim, jetzt wird natürlich keine Extra-Pause mehr eingelegt. Mit einem "sensationellen" Endspurt auf dem letzten Kilometer in 5:38 lasse ich keine Zweifel an meinem achten Platz aufkommen. Auch Michael, den ich auf dem Rückweg nicht mehr gesehen hatte, ist gerade 4 Minuten vor mir durch Ziel gekommen. Wenn ich das vorher gewusst hätte,... wäre ich wohl auch nicht schneller gelaufen.

© Gerald Baudek, 05.05.2009

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